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Ortsteil Wolferschwenda

Historie
Die kleine 150 - Seelen - Gemeinde Wolferschwenda liegt am Rande des Thüringer Beckens, am Ausläufer des Südhanges des Höhenzuges Hainleite. An der nördlichen Abdachung einer Hochebene, auf deren höchster Erhebung das Kleine Horn, ein Wald aus Eichen mit zwei im Osten und im Westen vorgelagerten Fichtenschonungen steht, schmiegt sich das Dorf an den leichten Nordhang und ist den rauhen Winden aus Westen und Osten direkt ausgesetzt. Windschutz bieten lediglich schmale Gehölzstreifen in der Gutsflur Freienbessingen, die in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Windschutz angepflanzt wurden.

 

Das Dorf ist im Westen, Norden und Osten von Streuobstwiesen umgeben. Im Süden ist der Dorfrasen vorgelagert. Vom nördlichen Ortsrand, Hinter den Gärten bietet sich dem Auge ein herrlicher Blick auf die Hainleite mit dem Possenturm und die ihr vorgelagerten Dörfer wie Schernberg, Oberspier und die Engelsdörfer.

 

Das Dorf Wolferschwenda ist ein Haufendorf mit überwiegend bäuerlichen Grundstücken. Diese Siedlungsform war die erste nach der Sesshaftwerdung der Germanen und bestand anfangs aus ungeordnet zueinander stehenden Gebäuden, wie Wohn-, Speicherhaus, Stall und Scheune.

 

Mit zunehmender Eigentumsbildung entstanden größere Gehöfte mit einer systematischen Gebäudeanordnung und einer Abgrenzung zum Nachbarn durch Zäune oder Gebäudefronten.

 

In unserem Dorf ist die Mitteldeutsche Hofanlage fränkischen Ursprungs vorherrschend. Die bäuerlichen Grundstücke sind Zweiseit-, Dreiseit- und auch Vierseithöfe. Das heißt, der rechteckige Hof ist von den Gebäuden umgeben, wobei das Wohnhaus und das gegenüber liegende Stallgebäude der Dreiseithöfe mit dem Giebel zur Straße stehen und mit einer Toranlage, oft auch mit Torbögen, verbunden sind. Die Rückseite begrenzt in der Regel die Scheune.

 

Das Sühnekreuz
Ein weiterer Zeuge der Vergangenheit und kulturhistorisches Steindenkmal ist das Sühnekreuz hinter dem Gehöft Radke, in den so genannten „Bäumen“. Solche Steinkreuze stammen aus dem Zeitraum vom Ende des 13 bis zum 16. Jahrhundert. In dieser Zeit sind sowohl Gotische Kreuze, Lateinische Kreuze, Malteser Kreuze, Antoniuskreuze, Kreuze in Rad - oder Kleeblattform aufgestellt worden. Diese Kreuze sind in der Mehrzahl Zeugen mittelalterlicher Rechtsprechung. Da es für Totschlag im Mittelalter keine allgemeingültige Rechtsprechung gab und zurückgehend auf die Sitte der altgermanischen Blutrache Mord und Totschlag eine Angelegenheit zwischen den Familien des Getöteten und des Täters war, konnte das Delikt durch kirchliche Buße oder Sühneleistungen beglichen werden. In Sühneverträgen wurde z. B. Leistungen wie Geldentschädigungen, lebenslange Sorge für die Hinterbliebenen des Opfers, Lesen von Seelenmessen, Stiften von Kirchenkerzen, Pilgerfahrten oder auch das Setzen eines Steinkreuzes festgelegt. Geldzahlungen waren an den Landesherren zu entrichten, der wiederum an den Geschädigten das Wergeld oder auch Blutgeld als Entschädigung zahlte. Für Münzfälschung oder Diebstahl hatte der Täter hingegen mit der Todesstrafe zu rechnen.

 

Die Sühnekreuze wurden am Tatort aufgestellt um an das Geschehen zu erinnern, aber auch an verkehrsreichen Stellen und Wegekreuzungen, um Vorüberziehenden Gelegenheit zu geben für den Getöteten zu beten. Mit der Einführung der „Carolina“, der Peinlichen Hals- und Gerichtsordnung Karl V. vom Jahre 1532 werden keine Sühneverträge mehr abgeschlossen und damit endet auch die Sitte,  Sühnekreuze zu errichten.

 

Das Wolferschwendaer Sühnekreuz, ein Lateinisches Kreuz, steht am ehemaligen östlichen Ortsausgang wo sich die Wege nach Großenehrich und Geußen – Tennstedt gabelten.

 

Dem Kreuz fehlte bisher ein seitlicher Ausleger, der sicher einmal abgeschlagen wurde oder durch Witterungseinflüsse abfiel. Mit einem Kostenaufwand von 12.000,- DM aus Mitteln der Denkmalspflege hat man 1994 das fehlende Teil mit der gleichen Steinart, aus dem Sockel des Kreuzes gewonnen, ersetzt. Hoffen wir, dass die hässliche Fassadenfarbe, mit der das Kreuz anschließend gestrichen wurde, mit den Jahren verschwindet.

 

Der Waidmühlenstein
Der Große Mühlstein gegenüber der Schule ist ein Waidmühlenstein, der darüber Zeugnis ablegt, dass in der Blütezeit des Waidanbaus zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert auch in Wolferschwenda die Pflanze zur Herstellung des blauen Farbstoffes angebaut wurde. Die Waidpflanze zählt zur Familie der Kreuzblütler und treibt im zweiten Jahr einen fingerdicken Stängel mit Stängelumfassenden großen blaugrünen Blättern. Der Blütenstand ist
eine Doldentraube mit kleinen gelben Blüten.

 

Gesät wurde in warmen, guten, im Herbst gedüngten und mehrmals gepflügten Boden bereits um Weihnachten, selbst in den Schnee hinein. Im Mai blühte die Pflanze und im Juni konnte die Ernte beginnen. Bis zu vier Ernten wurde bei guter Pflege im Jahr erzielt.

 

Mit einem Stoßeisen wurden die Pflanzen kurz über der Wurzel abgestoßen und mit Waidwannen zusammengetragen. Am Bach oder dem Teich wurden die Pflanzen gewaschen und auf dem Rasen zum Anwelken ausgebreitet.

 

10 Personen waren notwendig, um einen Acker (40,5 ar) in einem Tag auf diese Weise abzuernten. Schon damals kamen Wenden aus den deutschen Ostgebieten und halfen bei der Waidernte. Nun kam die Waidmühle ins Spiel. Der große Stein war ein Läufer durch dessen Loch im Zentrum ein mächtiger Balken führte, der an einem Ende an einer Säule geführt und am anderen mit einer Zugvorrichtung versehen war. Von Zugtieren wurde der Läufer auf einer Rundtenne, wie bei einem Göpel, um die Säule herum bewegt.

 

Mit dem Rad wurden die Angewelkten Waidpflanzen zu einem Brei zerquetscht, der anschließend zu Haufen zusammengeschlagen wurde und 24 Stunden liegen musste. Danach formte man aus dem Brei Bälle, die zum trocknen auf überdachten schräg stehenden Horden gelagert wurden.

 

Nach der Trocknung waren die Waidbälle verkaufsfähig, denn den Bauern war eine Weiterverarbeitung verboten. Verkauft wurde an Aufkäufer in Tennstedt die wiederum an die Waidhändler in Erfurt verkauften. Dort wurden die Bälle auf den Waidböden gelagert und weiter verarbeitet. Die komplizierte Weiterverarbeitung bestand im Wesentlichen aus einem mehrere Monate dauernden Gärungs- und Fäulnisprozess, der den Waid um die Hälfte einschrumpfen ließ. Aus 60 Schock Bällen wurde ein Kübel Färberwaid gewonnen, der vor dem Dreißigjährigen Krieg 30 Taler kostete. 

 

Die Färber versetzten den Waid mit verschiedenen Zusätzen, wie Wasser, Weizenkleie, Krapp (Labkraut), und russischer Pottasche und ließen ihn in konischen Küpen noch einmal mehrere Tage gären. Die kupfernen Küpen standen zur Hälfte in der Erde und um ihren äußeren Umfang lief ein Feuer herum. Die Küpen waren so groß, dass aus ihnen auch sehr lange grün gefärbt wurde.

 

Die blaue Ausmalung unseres Kirchenaltars und der Empore, die von dem Restaurateur freigelegt wurde, lässt darauf schließen, dass Waidfarbe auch zur Bemalung von Holz verwendet. wurde. Der Waidanbau brachte den Händlern und auch den Handelsstädten wie Erfurt großen Reichtum; er war Erfurts „führnembste Nahrung“. Auch in die Dörfer floss viel Geld, so dass sich Luther geäußert haben soll, die Taler vom Waid täten den Bauern zu wohl, Gott werde sie ihnen wieder nehmen.

 

Der Waidanbau und der Waidhandel verfielen, da er dem Wettbewerbsdruck des billigeren Indigos nicht Stand hielt, zumal der nachlässiger betriebene Anbau besonders im Dreißigjährigen Krieg zu geringerer Produktion geführt hatte. Vereinzelt wurde in der Umgebung von Erfurt noch Waid bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts angebaut.

 

Wolferschwenda könnte sogar mehrere Mühlen besessen haben. Die Flurbezeichnung „Im Frauenborn an der Waidmühle“,  lässt darauf schließen, dass die Mühle dort an einer Quelle, einem Born oder am nahen Bach gestanden hat.

 

Bei der Freilegung des Backhausfundamentes wurde ein Bruchstück eines Waidsteins gefunden, dass auf den Standort an der Tränke schließen lässt. Schließlich könnte der noch erhaltene Waidmühlenstein am Schulbrunnen gestanden haben, vielleicht wurde er aber auch vom Backhaus bis unter die Linde transportiert.

 

Das Backhaus
Das Backhaus, mundartlich Backs, im Zentrum des Dorfes gelegen, war einst Mittelpunkt aller gemeinschaftlichen Angelegenheiten. In ihm hielt man Versammlungen ab, hier trafen sich die Gemeindevorsteher, die Rechnungen wurden geprüft, es wurden die Lieferungen in Kriegs- und Friedenszeiten entgegen genommen, Käufe und Verkäufe getätigt, landesherrliche Verordnungen ausgehängt, hier trat der Amtmann ab und im Backhaus wurde das Hegemals-Essen abgehalten.

 

Wie aus dem Gemeinderechnungsbuch über Einnahmen und Ausgaben vom 1. Januarius 1778 bis 1779, geführt durch den Heimbürger Christian Schmidt, hervorgeht wurde unser Backhaus 1778 erbaut. Die folgenden Aufzeichnungen wurden wörtlich übernommen:

Rth. Gr. Pfg.  
- 3 - Dem Amtsdiener Bothenlohn vor einen Brief wegen des Backh.
- 2 - Dem Heimbürger vor einen Weg nach Clingen den Backhaus Contrakt ans Hochfürstliche Amt zu überbringen.
- 1 - Dem Heimbürger vor einen Weg nach Großenehrich das selbige Fleisch gekauft zum Backhaus Leihkauf. (Leikauf auch Leitkauf =Trunk zur Bestätigung eines Kaufes oder Handels [zu Leit (Wein)]
- 12 - Vor Bier und Brandwein zum Backhaus Leihkauf.
- 3 - Desgleichen vor Doback
7 21 - Vor Ziegel zum Backofen.
1 18 - Vor Steine zum Backhauße gekauft in Belstädt
- 1 6 Dem Gerichtsschöpfen vor seinen Weg nach Großenehrich, daß er das Bauholz besehen bei Herr Haußen.
- 23 8 Vor Fleisch zum  Leihkauf des Backhaußes.
- 1 4 Vor schreibe Gebühr der Backgerechtigkeit.
- 2 - Dem Hirten zum Leihkauf.
- 2 - Dem Schäfer desgleichen.
- 1 6 Vor ein Brodt so Christoph Kühn forgegeben beim Backhauß Leihkauf.
- 1 6 Vor 1/2 Pfd Butter
- 1 - Vor sauren Kohl.
- 1 6 Vor gewelktes Zeug
- 1 - Vor Feyerung
- - 6 Vor Käse
- 2 - Vor Mühewaltung
- 6 - Vom Kauff Contrakte zu verfertigen wegen des Backhaußes u. zwey Quittungen über die Kauff Summa
- 1 4 Der Gemeinde die Baugerechtigkeit zu schreiben.
- 10 - Dem Schulzen vor zwey Wege nach Sondershausen wegen der Baugerechtigkeit.
- 3 - Vom Pachtbriefe zu schreiben wegen des Backhaußes.
- 6 - Dem Schultzen und Gerichtsschöppen vor den Weg nach Großenehrich auch ins Gr. Ehr. Thal und Thüringenhaußen wegen Mauersteine zum Backhauße.
- 6 - Solches an die Heßischen Vormünder vor die Baugerechtigkeit auszuzahlen.
224 14 - Bezahlte Kaufsumma vor die Baugerechtigkeit.
15 4 - Vor die gnädigste Concesion wie auch vor die Bestätigung des Kaufes der Baugerechtigkeit; nicht weniger dem Lohnmann Pentzlern zu verpflichten und Instruktion in hochfürstl. Kammer bezahlt.
- 8 - Vor Abschrift die Verpflichtung des Lohnmannes betreffend.
2 12 - Intreshe auf zwey Monat und 9 Tage den Heßischen Erben auf obige Kaufsumma
259 170 12  

 

Noch in den fünfziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts wurde an zwei Tagen in der Woche gebacken und das Backhaus war am Abend auch Treffpunkt der Jugend. Für die Kinder war es ein Vergnügen am Kuchen zu naschen oder unbemerkt vom Bäcker Kastanien in die ausgeräumte Glut zu werfen und sich dann über das Knallen zu amüsieren.

 

Besonders nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Backhaus stark genutzt. Es mussten drei Backtage in der Woche angesetzt werden, weil der Brotverzehr in Ermangelung der Vielfalt anderer Lebensmittel stark angestiegen war.

 

Als Bäcker fungierte nach dem Krieg Bäcker Reinhardt aus Großenehrich, der von Ottilie Pabst in den Vorbereitungen unterstützt wurde. Frau Pabst hatte sich so eingearbeitet, dass sie auch allein fungierte. Später war Gastwirt Kurt Isserstedt einige Jahre, bis sich die Gebacke nicht mehr lohnten, als Bäcker nebenbei tätig.

 

Kurz nach dem Krieg wurde der Backofen mit Reisig und Scheitholz gefeuert. Später setzte man auch Braunkohlenbriketts zum heizen ein. Nach dem Abbrennen der Feuerung, deren Menge der Bäcker aus Erfahrung im Griff hatte, wurde die restliche Glut und Asche aus dem Ofen geräumt. Nun wurde mit einem Ährenbündel oder Strohwisch die Probe gemacht ob die Temperatur stimmt und danach mit einem Lappen am Stiel, dem „Tieschel“, der Backraum ausgetieschelt. In bestimmter Reihenfolge wurde dann das Brot, die Brötchen, die einzelnen Kuchensorten mit dem Schieber in den Backraum geschoben. Zum Schluss wurde oft noch Braten gegart und zu allerletzt wurden noch nach dem Krieg auch Pflaumen (Hotzeln)und geschnittene Apfelscheiben getrocknet. Das Brot wurde meist in geflochtenen Körben in das „Backs“ gebracht, aus denen es dann gut geformt auf den Schieber gestülpt wurde. Die Kuchen wurden auf Rundblechen von 73 cm Durchmesser transportiert und auch in den Ofen geschoben. Es gab Frauen, die brachten es fertig drei Blech mit einem mal zu transportieren; eins auf dem Kopf balancierend und unter jedem Arm ein Blech. Ich entsinne mich da besonders an Marie Ullein.

 

Mitte der fünfziger Jahre wurde das Backhaus stillgelegt. Die Konsumverkaufsstellen führten Brot und Brötchen selbst Kuchen wurde angeboten und die Gas- und Elektroherde hielten Einzug in die Küchen. Ein Stück örtlicher Idylle ist damit aber auf der Strecke geblieben.

 

Der Backofen, eine Besonderheit weil er allseitig frei im Raum steht, dürfte heute noch funktionsfähig sein.
                  
Die Kirche
Bauausführung und Alter
Die Nicolai – Kirche, vielleicht nach dem lutherischen Theologen und Kirchenliederdichter Philipp Nicolai (1556–1608) benannt, ist eine einschiffige Hallenkirche. Sie besitzt ein Mansardendach, das an der Nord - und an der Südseite je drei stehende Gaupen trägt. Am westlichen Ende des Daches erhebt sich ein sechseckiger Seigerturm.

 

Der gesamte Kirchenbau besteht aus Natursteinmauerwerk, vorwiegend Muschelkalk, Sand- und Tuffstein. An den vier Gebäudeecken kamen behauene Sandsteine vom Fundament bis zur Traufe zum Einsatz.

 

Der Aufgang zu den Emporen ist in Fachwerkbauweise mit Bretterverkleidung ausgeführt.

 

Das Hauptportal besitzt einen Fachwerkvorbau mit ausgemauerten Fächern  und wurde wahrscheinlich 1805 angebaut. In diesem Jahr fanden umfangreiche Umbauarbeiten statt, die sich über mehrere Jahre hinzogen. Es ist anzunehmen, dass die Kirche die Gemeindemitglieder nicht mehr alle aufnehmen konnte und man einen seitlichen Eingang schaffte, um im Innern die umfassenden Emporen errichten zu können.

 

Im Westgiebel ist der alte Eingang im Mauerwerk deutlich zu erkennen, an seine Stelle fügte man ein liegendes Sprossenfenster ein. Die großen Fenster der Nordseite besitzen Holzstürze, die der Südseite sind von Muschelkalk- oder Sandsteinen gerahmt und tragen einen gotischen Bogen. Einer der gotischen Bogen trägt die Jahreszahl 1700.

 

Die Fensteröffnung im Osten besitzt im Innern einen gotischen Spitzbogen, verformt sich aber nach Außen in einen romanischen Rundbogen. Diese Bauausführung deutet auf den Übergang von der Romanik zur Gotik und somit auf Bauausführungen die in das 11. Jahrhundert reichen.

 

Der östliche Teil der Kirche ist sichtbar der Ältere und könnte aus dem Frühen Mittelalter stammen. In der südöstlichen inneren Ecke ist im Ansatz zu erkennen, dass der Raum unterkellert war.

 

Auch äußerlich ist zu erkennen, dass die Kirche mehrfach umgebaut, bzw. dass angebaut wurde. Die im Innern verbauten Balken weisen Spuren auf, die darauf deuten, dass sie schon einmal an einer anderen Stelle des Bauwerkes Verwendung fanden.

 

Die in blau gehaltene Bemalung der Holztonnendecke im Innern ist besonders auffällig. Eine Inschrift an einem Balken bezeugt, dass die Malerfirma Thon aus Clingen 1926 die Kirch frisch ausmalte.

 

Der künstlerisch begabte Sohn des Malermeisters könnte die Decke neu gestaltet oder restauriert haben. Die blauen Ornamente an den Emporen und dem Altar wurden übermalt und Holzmaserung vorgetäuscht.

 

Zwei umlaufenden Emporen werden von Emporesäulen, einige mit Kopfbändern, getragen die schlichtes Schnitzwerk aufweisen. Zwischen den Kassetten in den Brüstungen sind gedrechselte halbsäulenförmige Verzierungen aufgesetzt.

 

Der Hochaltar im Osten des Schiffes steht auf einem Natursteinmauerwerk mit einer Muschelkalkplatte als Altartisch. In den Hochaltar ist eine Kanzel integriert, die aus der Sakristei zugänglich ist. Er weist schlichtes Schnitzwerk auf und stammt wahrscheinlich aus dem 19. Jahrhundert.

 

Das Kirchengestühl besteht aus 10 einfachen miteinander verbundenen Holzbankreihen, die durch Türen zugänglich sind. Im Bereich des Altars steht an der Nordwand eine Bank, an der Südwand eine auf dem Boden stehende Loge und vor dem Altar ein hölzernes Taufbecken.

 

Auf der zweiten Empore stand bis 1991 eine kleine aber defekte Orgel aus den zwanziger Jahren des 20. Jh. die demontiert wurde und hinter der Sakristei wieder, aus verwendbaren Teilen, aufgebaut werden sollte. Der Orgelbauer verstarb vor Vollendung des Umbaues und seitdem ruhen die Arbeiten.

 

Im Turm, zu dem eine enge Stiege führt, befindet sich ein Uhrwerk von Kolbe aus dem Jahre 1894. Das Vorhandensein eines gemalten Zifferblattes auf der Turmschalung und eines aus Zinkblech, lassen eine Uhr schon früheren Datums vermuten. Das Uhrwerk wurde nach 1946 von dem Umsiedler und Uhrmacher Kurt Kitter repariert ist aber heute nicht mehr intakt.

 

Im Turm befindet sich eine Glocke, die Inschrift „DAGOS MICH HIERONIMUS MOERINCK ANNO MDXCIIII“ trägt. Diese Glocke aus dem Jahre 1594 hat die Einschmelzung im 2. Weltkrieg überstanden. Weil sie ohne den Turm zu demontieren nicht entfernt werden konnte. Das beweist aber auch, dass der Turm in diesem Jahr erbaut oder zumindest erneuert oder umgebaut wurde. Im Turm gibt es mehrere Inschriften; die älteste datiert aus dem Jahr 1852.

 

Ein Kleinod der Kirche sei noch erwähnt, das die Tür zu den Emporen schmückt. Es ist das Schmuckstück eines Türdrückers, der mit einem Frauenkopf verziert ist. Der gleiche befindet sich auch an der Haustür des Pfarrhauses.

 

Das Glockenhaus
Es ist etwas ungewöhnlich, dass die Kirchenglocken nicht im Turm sondern in einem separaten Gebäude untergebracht sind. In grauer Vorzeit hat sicher die Glocke im Turm genügt, um die Gläubigen zum Gottesdienst zu rufen. Mit der Anschaffung der drei wesentlich größeren Bronze - Glocken, stand sicher das Problem sie nicht in dem kleinen Turm unterzubringen zu können und man fand diese Lösung.

 

Im 1. Weltkrieg genau im Jahre 1916 wurden die Glocken ausgebaut und vom Bürgermeister Fleischhauer und Gemeindediener Isserstedt zur Einschmelzung gefahren. Sie wurden in der Rüstungsindustrie zur Herstellung von Geschützgranaten gebraucht.

 

Das Geläut wurde 1919 durch drei eiserne Glocken ersetzt, die allerdings einen guten Klang haben.

 

Die große Glocke trägt die Inschrift:
„GOTT IST UNSERE ZUFLUCHT FÜR UND FÜR“
„NEHMEN SIE UNS DEN LEIB; GUT; EHR, KIND UND WEIB; DAS REICH MUSS UNS DOCH BLEIBEN“
„BEIM FRIEDENSSCHLUSS 1919“
Auf der mittelgroßen Glocke ist zu lesen:
„GETREU BIS IN DEN TOD“
O, LAND, LAND, LAND HÖRE DES HERRN WORT“

 

Auf der kleinen Glocke steht:
„UNSER TÄGLICH BROT GIB UNS HEUTE“
„BETE UND ARBEITE“

 

Die Glocken erklangen um die Christengemeinde zum Gottesdienst zu rufen, zu Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Bis in die fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts wurde auch mittags Zwölf Uhr, sowie zu Feierabend geläutet und zu Silvester eine halbe Stunde vor und eine halbe Stunde nach Mitternacht. Auch zur Sturm - und Feuerwarnung wurde das Geläut vor Einführung der Hornsignale genutzt.

 

Das Glockenhaus erhielt 1986 eine neue Dacheindeckung und wurde 1988 von den Bürgern Martin Lenk, Edgar Fischer, Arno Syring, Wolfgang Weinmann, Roland Laubenstein, Manfred Faber und Hilmar Schrey wieder instand gesetzt Das Natursteinfundament wurde ausgebessert, die Verkleidung aus Brettern durchrepariert, neue Deckleisten aufgebracht und das Gebäude mit einem Anstrich aus Altöl und Diesel versehen. Das Glockenhaus wurde in die Denkmalliste aufgenommen.

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